Spanisch aus Spanien vs. Spanisch aus Lateinamerika – Die Unterschiede

Spanisch ist hinter Chinesisch mit knapp 500 Millionen Sprechern die zweitgrößte Muttersprachler-Gemeinschaft der Welt, was die Sprache auch für deutsche Lernende sehr attraktiv macht. Aber natürlich entstehen dadurch auch viele verschiedene Varianten dieser Sprache.

Über Zehn Spanischvarianten weltweit!

Wie? Es gibt verschiedene Variationen von Spanisch? Ja, und nicht nur eine oder zwei, sondern wahrscheinlich weit über zehn! Wer Spanisch lernen möchte, sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass es sehr viele verschiedene “Muttersprachen” im Spanischen gibt und diese auch jedem Muttersprachler irgendwie etwas über den Ausländer verraten, der gerade Spanisch mit ihnen spricht. Auch die spanische Sprache hat, ähnlich wie die englische Sprache, ziemlich viele verschiedene Muttersprachler-Varianten und bevor man sich für eine entscheidet, macht es Sinn die Unterschiede zu kennen, die wir Ihnen gerne in diesem Blogbeitrag näherbringen möchten.

Welche Arten von Spanisch gibt es?

Weltweit wird Spanisch in 21 Staaten als Amtssprache benutzt, viele davon haben eine eigene grammatikalische, semantische oder umgangssprachliche Prägung der Sprache, teilweise historisch oder kulturell bedingt. Andere haben auch lokalen Einflüssen oftmals indigener Sprachen unterlegen oder Einwanderersprachen haben das Sprachbild vor Ort nochmals verändert. Gut erkennbare spanische Varianten gibt es z.B. aus Spanien, aber auch aus Kolumbien, Peru, Mexiko, Argentinien oder Chile. In Mexiko, mit knapp 130 Millionen Einwohnern dem bevölkerungsreichsten, spanischsprachigem Land der Welt, gibt es eine sehr eigene Art von Spanisch im Tonfall aber auch in der Wahl der Vokabeln. Kolumbien und Spanien folgen dann in der Reihenfolge der Muttersprachler-Länder mit jeweils knapp über oder unter 50 Millionen Einwohnern. Mexikanisches Spanisch wird in der Regel nach dem Spanisch aus Spanien, Argentinien, Uruguay und Chile auch sehr schnell von Muttersprachlern als solches erkannt. Aber wer sein Spanisch in Spanien oder von Spaniern gelernt hat, wird in Südamerika auch sehr schnell als “Spanier” erkannt.

Spanischkurse in FreisingGibt es ein Hochspanisch oder wo wird das reinste Spanisch gesprochen?

Innerhalb Spaniens selbst gibt es allein vier verschiedene offizielle, regionale Amtssprachen (Spanisch bzw. Kastilisch, Katalanisch, Baskisch und Galicisch) und noch dazu teilweise leicht anders klingende Untersprachen bzw. lokale Dialekte. Innerhalb Spaniens gilt die Region um Salamanca mit seiner großen Universität als bestes Gebiet, um Spanisch zu lernen, aber auch Teile der Region nördlich von Madrid bis hin nach Burgos gelten als Ursprungsgebiet des modernen, kastilischen Spanisch.

In Lateinamerika scheiden sich, ehrlich gesagt die, Geister etwas. Viele spanischsprachige Menschen weltweit halten natürlich ihre Art die spanische Sprache zu sprechen für die schönste, beste und reinste. Für einen ausländischen Lernenden im Vollanfängerstadium ist eher die lateinamerikanische Variante zu empfehlen, da die meisten Süd- und Mittelamerikaner erstens kein lispelndes “z” oder “c” wie die Spanier benutzen (ähnlich dem englischen “th”) und zweites meist auch etwas langsamer und deutlicher sprechen als die Spanier. Ein Nachteil vieler Lateinamerikaner ist aber dadurch, dass sie bei der Rechtschreibung einiger in Spanien eindeutig ausgesprochener Alltagsvokabeln größere Probleme haben. Einige Lateinamerikaner z.B. können in der Rechtschreibung nicht zwischen z, c und s unterscheiden, da alle diese Buchstaben für sie gleich lauten, ebenso haben sie Probleme mit dem Laut des Buchstaben v und b im Spanischen und schreiben daher manche Wörter mit diesem Buchstaben auch oft falsch. Auch das stumme Anfangs-h in manchen Wörtern übersehen Lateinamerikaner gerne und lassen es beim Schreiben fälschlicherweise weg.

In einigen lateinamerikanischen Ländern mit geografischer oder inzwischen auch migrations-kultureller Nähe zu den USA oder Kanada (besonders Mexiko und viele zentralamerikanische Länder sowie teilweise auch die spanischsprachige Karibik) besteht inzwischen auch eine Mischsprache zwischen Englisch und Spanisch. Zum Beispiel benutzen die Leute aus Puerto Rico den Ausdruck „estamos ready“ was an sich „wir sind bereit“ bedeutet. Im Norden Mexikos wird oft das Mischwortpaar “porfa, please” benutzt, um eine Bitte auf Spanisch und Englisch gleichzeitig auszudrücken. In Mexiko finden sich dann auch viele einzigartige Wörter wie wey, chido, morra oder Kraftausdrücke wie „no mames wey“.

Wo gibt es überall Unterschiede?

Wo unterscheiden sie sich denn die Varianten des Spanischen im Alltagsgebrauch?

Die Spanischvarianten können teilweise fast so unterschiedlich sein, wie ein lokal geprägtes Norddeutsch im Vergleich zum einem Kärtner Deutsch aus Österreich oder schlimmstenfalls sogar einem Deutsch aus Teilen der Schweiz, in denen wieder ein völlig anderes Deutsch gesprochen wird.

Unterschiedliche Wörter, gleiche Bedeutung!

Es kann schon bei alltäglichen Vokabeln, Gegenständen, Kleidungsstücken oder kulinarischen Gewohnheiten gewaltige Unterschiede in der Semantik der Wörter geben.

Zum Beispiel das Wort für “Auto”. In Spanien ist es als “coche” bekannt (ausgesprochen Kotsche, also verwandt mit dem deutschen Wort Kutsche), in vielen anderen spanischsprachigen Gebieten heißt es aber leider “carro” oder “auto” und nicht “coche”, was in vielen Teilen Südamerikas als Kinderwagen verstanden wird, während carro wiederum in Spanien Kutsche heißt.

Spanisch aus SpanienNoch ein Beispiel für diejenigen, die eine Reise vorhaben und vielleicht einen “Bus” bräuchten.

In Spanien sagt man dazu „autobús“, aber sogar innerhalb Spaniens gibt es unterschiedliche Namen dafür. Wenn wir in die wunderschönen kanarischen Inseln sind, dann sollte man für  “autobús” das Wort „la guagua“ ersetzen. Dieses Wort kam aus Kuba vor 100 Jahren und dieses kann man auch in der Dominikanische Republik anwenden. In Venezuela sagt man „buseta“ und in Argentinien steigst du in ein „colectivo“ ein, in Bolivien, Chile und Teilen Perus kennt man sie auch als “trufis”.

Im Freundschaftskreis wird es auch oft kompliziert, sowie auch im Bereich “fester Freund/Freundin”.

In Spanien haben wir „hermano“ (=Bruder) wir haben auch ein „amigo“ (=Freund) oder einfach colega sprich „Kollege“.  In Kolumbien, kennt man dies nicht, ihr spricht man von einem „parce“ oder „parcero“. In Zentralamerika und Teilen der Karibik nutzt man “pana”, dazu zählen Länder wie Venezuela, Panama, Puerto Rico, Dominikanische Republik und Kolumbien. In Argentinien und Urugay hat man einen „pibe“, was in Mexiko „Junge“ bedeuten würde. In Mexiko gibt es gleich drei Wörter mit einer Freundesbeziehung als Bedeutung “cuate”, “carnal” oder das berühmte “wey”.

Das gleiche gilt für fester Freund/Freundin, oder soll ich sagen „pololo“ und „polola“ wie die Chilenen und Argentinier? Synonym dafür wäre es für die Spanier „novio/novia“, was auch gleichzeitig Braut bedeutet. Wenn man in den Karibikinseln Puerto Rico, Dominikanische Republik oder Kuba ist, dann hört bestimmt „jevo/jeva“ oft. Für die Peruaner heißt es „flaco/flaca“ was wieder einen anderen Sinn in Spanien hätte, da „flaco/flaca” dort einfach nur “schlank” oder “dünn” heißt.

Grundliegende Unterschiede auch in der regionalen Aussprache

Neben dem vorhin angesprochenen Unterschied im Lispeln mit c und z, gibt es noch ein paar andere grundlegende Regionalsprach-Varianten im Spanischen.

In der Karibik wird die „r“ wie eine „l“ ausgesprochen, hier ein Beispiel:

Deutsch:Kannst du mir den Zucker geben, bitte?

In Spanien:

Puedes darme el azucar, por favor?

In der Karibik:

Puedes dalme el azucal, pol favol? 

In Argentinien und Urugay hört sich das „ll“ wie das englische „sh“ oder der deutsche „sch“ an.

Hier ein Beispiel für den ungefähr folgendermaßen ins Deutsche übersetzten Zungenbrecher: Ich rufe deinen Namen und weine wie der Regen in Sevilla, der mein Weinen trägt.

In Spanien würde sich das ganze so anhören: (das „ll“ klingt wie ein “j”)

Llamandote, lloro como la lluvia de Sevilla que lleva mi llanto.

 In Argentinien und Uruguay würde dan ganze ausgesprochen sich so anhören:

Schamandote, schoro como la schuvia de Sevischa que scheva mi schanto.

Größter grammatikalischer Unterschied in der Verbkonjugkation zwischen “ustedes”, “vos” und “vosotros”

Leider hat sich seit der Zeit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus und die später folgende, teilweise sehr gewaltsame Kolonialisierung Lateinamerikas vieles in der spanischen Sprache, besonders zwischen Europa und Südamerika stark verändert.

Spanisch aus LateinamerikaEin ganz großer Block stellt die weitergehende Nutzung alter Höflichkeitsformen (ähnlich dem deutschen Sie/Du, Ihr/ihr) in Südamerika dar.

Dann haben wir der Unterschied zwischen „usted“ (Sie), „tu“ (du), „vosotros“ (ihr) und „ustedes“ (Sie, Mehrzahl, existiert in Deutsch nicht).

Das wäre einmal „Sie“ und Du“ (beide der Einzahl).

„Vosotros“ und „ustedes“ bedeutet „Ihr“, aber „vosotros“ wird nur in Spanien benutzt und „ustedes“ wird in fast ganz Südamerika benutzt.

Das Unterschied ist, dass während in Spanien „tu“ benutzt wird, für das informelle Sprechen und „usted“ für das formelles, wird in Südamerika nur „usted“ oder auch in Teilen „vos“ benutzt, egal für welche Situation. Leider müssen dann aber aufgrund der veränderten Pronomen dann auch die Verben anders konjugiert werden.

 

Hier mal ein paar Beispiele:

Auf Deutsch: Ihr esst ein Hühnchen.

Spanien: Vostotros coméis un pollo.

Südamerika: Ustedes comen un pollo.

Auf Deutsch: Ihr fahrt ein Auto.

Spanien: Vosotros conducéis un coche.

Südamerika: Ustedes conducen un carro.

Auf Deutsch: Beurteilt ihn doch nicht nach seinem Äußeren.

Spanien: No le juzgéis por lo superficial.

Südamerika: No le juzgen por lo superficial.

Auf Deutsch: Hast du einen Fußball hier?

Spanien: ¿(Tú) Tienes una pelota de fútbol aquí?

Kolumbien/Argentien:¿(Vos) tenés una pelota de fútbol aquí?

Letztlich lautet unser Fazit ganz einfach: Es gibt zwar keine bessere oder schlechtere Version des Spanischen, aber ein Lernender sollte sich dessen bewusst sein, dass, wenn man eine bestimmte Region der spanischsprachigen Welt eher besuchen wird oder mit ihr Geschäfte machen möchte, man dann auch eher die Variante der Region oder des Landes lernen sollte und nicht eine Variante aus einem völlig anderen spanischsprachigen Land oder Gebiet.

Um alles ausführlicher zu sehen und die Akzente der Beispiele hören zu können, haben wir ein, unserer Meinung nach sehr gutes, englischsprachiges Video zum Thema weltweites Spanisch verlinkt.

Textrecherche: Adrián Rodriguéz Bolaños

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